Fachartikel Unternehmensorganisation

Alles begann im Hotel Schweizerhof in Olten

Jubiläum

29.11.2022

Am 27. Juni 1922 wurde die Pensionskasse Energie (PKE) im Hotel Schweizerhof in Olten gegründet. Nach rückblickend bescheidenen Anfängen zählt die Kasse heute – 100 Jahre später – rund 26'000 Versicherte und ist eine der grossen Vorsorgeeinrichtungen der Schweiz.

In den 1920er-Jahren, der Gründungszeit der PKE, waren sowohl die Elektrizitätsbranche als auch das Pensionskassenwesen der Schweiz noch kaum ihren Kinderschuhen entwachsen. Der Ruhestand galt als neue Erscheinung. Und der Kraft- und Lichtstrom hatte erst in der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts wirtschaftliche Bedeutung erhalten.

Vor der Einführung der Pensionskassen und der AHV hatten ältere Menschen genauso wie Junge zu arbeiten, sofern nicht Krankheiten oder schwerwiegende Altersgebrechen sie daran hinderten. Altersrenten und Ruhegehälter gab es im 19. Jahrhundert einzig für Geistliche, Lehrer und Polizisten. Das änderte sich im neuen Jahrhundert: 1925 zählte man in der Schweiz bereits über 1200 Pensionskassen (und -kässeli) mit insgesamt 126'000 Versicherten.

Parallel zu dieser Entwicklung ging auch die Elektrifizierung voran: Ab den 1880er-Jahren entstanden im Umfeld der Städte erste Kraftwerkunternehmen. Und im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts begann auch die Elektrifizierung ländlicher Gebiete unter der Federführung der Centralschweizerischen Kraftwerke und Société Romande d’Electricité.

Mit der Gründung des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins (SEV, heute Electrosuisse) im Jahr 1889 führten die Pioniere der Starkstromwirtschaft Normen ein. Auf Initiative der Elektrizitätswerke der Stadt Zürich (EWZ) schlossen sich 1895 mehrere Kraftwerkunternehmen zum Verband Schweizerischer Elektrizitätswerke (VSE) zusammen. Die beiden Interessenverbände gründeten 1912 in der Limmatstadt ein gemeinsames Sekretariat. Damit wurde ein Forum zur Klärung von branchenspezifischen Versicherungsfragen geschaffen: Erstens ging es um die Sachversicherung der Elektrizitätsunternehmen, zweitens um die Kranken- und Unfallversicherung des Personals. Erst an dritter Stelle befassten sich die beiden Interessensverbände mit der Einführung der Altersversicherung.

Besonders verdient machte sich dabei der Direktor der Westschweizer Société Romande d’Electricité, Emmanuel Dubochet, der von 1914 bis 1919 auch den VSE präsidierte. Von den rund 400 Unternehmen, die dem VSE angeschlossen waren, verfügten vor allem grössere öffentliche Betriebe bereits über eine Pensionskasse. Auf eine Umfrage des SEV und VSE im Jahr 1921 bekundeten allerdings immerhin 63  Unternehmen mit insgesamt 1500  Mitarbeitenden ihr Interesse an einer Altersversicherung.

Dieses ermutigende Resultat führte schliesslich 1922 zur Gründung der PKE im Schosse der Verbände VSE und SEV. Die Geschäfte der jungen Pensionskasse leitete das Generalsekretariat SEV/VSE in Zürich. Getragen wurde die Vorsorgeeinrichtung in der rechtlichen Form einer Genossenschaft von 31 Unternehmen, zu denen im Laufe des ersten Geschäftsjahrs weitere 19 dazustiessen. Die grössten vier Betriebe EKZ, Société Romande d’Electricité, CKW und Elektrizitätswerke Olten-Aarburg allein stellten knapp die Hälfte aller Versicherten.

Ein Traumstart

Die Startphase der Pensionskasse PKE gelang wunschgemäss. Einerseits erlebte die Branche trotz allgemeiner Wirtschaftsflaute einen Aufschwung. Die Schweiz war nämlich nach den Weltkriegserfahrungen gewillt, statt auf die schwarze vermehrt auf die sogenannte weisse Kohle – den durch Wasserkraft erzeugten Strom – zu setzen.

Andererseits beschäftigten die Kraftwerksunternehmen und Elektrizitätswerke als neue, technische Branche jüngere männliche Mitarbeitende mit im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen guten Löhnen. Für den Start steuerten die beiden Verbände ein Darlehen von 11'000 Franken bei. Bereits im ersten Geschäftsjahr nahm die PKE rund 1,5 Millionen Franken an Prämien ein, während sie nur 5000  Franken an Renten auszahlen musste, denn im Durchschnitt waren ihre Versicherten nur 35 Jahre alt.

Als sich dann in den 1930er- und 1940er-Jahren die Altersrücktritte häuften, war die Kasse genügend alimentiert, um die fälligen Altersrenten zu zahlen. Der Versicherungsmathematiker Jakob Riethmann, den die PKE bei ihrer Gründung zugezogen hatte, hatte also Massarbeit geliefert. Er und später sein Sohn Roland amteten über 52 Jahre als Fachexperten für die PKE.

Seit Beginn kann anstelle einer Rente das gesamte Kapital bezogen werden. Das höchste versicherte Einkommen betrug 15'000 Franken pro Jahr. Ob eine dauernde Invalidität vorliegt, wurde von einem Schiedsgericht entschieden. Männer wurden mit 65, Frauen mit 60 Jahren pensioniert. Bereits damals wurde eine Witwenrente anteilig gekürzt, wenn die Witwe mehr als 15 Jahre jünger war als der verstorbene Versicherte. Heute nicht mehr denkbar ist hingegen die damalige Bestimmung, dass die Witwenrente entfällt, wenn die Frau nicht den Erwartungen entsprechend für ihre Kinder sorgt.

Die Meilensteine

1935 wurde die Geschäftsleitung der PKE vom Sekretariat der beiden Gründungsverbände getrennt. Die Einführung der AHV 1948 und der Invaliditätsversicherung 1962 brachten den Pensionskassen Entlastungen, verlangten aber auch Anpassungen der Statuten und Reglemente.

Wegen einer Gesetzesänderung des Bundes musste sich die PKE in den 1960er-Jahren von ihren Juniorpartnern, den Privatbahnen, trennen. Da viele Privat- und Trambahnen von Beginn weg elektrifiziert gewesen waren und den Strom nicht vom Markt, sondern von einzelnen mit ihnen geschäftlich verbundenen Kraftwerken bezogen, genossen sie bei der PKE Gastrecht. Die PKE sprang hier in eine Lücke, denn viele Privatbahnen waren gar nicht in der Lage, selbst eine Pensionskasse zu finanzieren. Die Aargauer Nebenbahnen hatten zum Beispiel ohne Erfolg versucht, das notwendige Kapital mit einer behördlich bewilligten Lotterie aufzubringen.

Nachdem ab 1972 in der Schweiz das Drei-Säulen-Prinzip geplant war, änderte die PKE auch ihre Anlagestrategie. Wurde bislang das Kapital mündelsicher in Obligationen und an Beteiligungen an den Elektrizitätsunternehmen sowie durch die Vergabe von grundpfandverschriebenen Hypotheken angelegt, so wurde fortan auch in Aktien und vermehrt in Immobilien investiert.

Bis 2010 war in der PKE das Leistungsprimat vorherrschend. In diesem wird die Höhe der Rente aufgrund der Anzahl Dienstjahre und der Lohnstufe beim selben Arbeitgeber berechnet. Das vor allem für die Arbeitgeber teure Leistungsprimat und die unflexible Rechtsform der Genossenschaft passten jedoch je länger, je weniger in die moderne Arbeitswelt. Deshalb gründete die PKE Pensionskasse Energie Genossenschaft im Jahr 2000 die PKE Vorsorgestiftung Energie als Beitragsprimatkasse. Im Laufe der Jahre traten praktisch alle Unternehmen von der Genossenschaft in die Stiftung über, und die ursprüngliche Genossenschaft wurde 2018 liquidiert.

Die PKE heute

Seitdem lebt die PKE in Form einer modernen Sammelstiftung weiter, verwaltet ein Vermögen von rund 12 Milliarden Franken und versichert rund 26'000 Destinatäre.

Von den 50 Gründerunternehmen sind allen voran die CKW in Luzern und die EKZ Zürich noch dabei. Aus dem Gründungsunternehmen Elektrizitätswerke Olten-Aarburg ging der Stromkonzern Alpiq hervor, dessen Personal bis heute ebenfalls bei der PKE versichert ist. Immer noch mit von der Partie sind auch die im Geschäftsjahr 1923/24 zur PKE gestossenen NOK, die 2009 den Namen Axpo angenommen haben. Und hinter dem heute bei der PKE versicherten Stromkonzern Repower verbergen sich zwei Gründungsmitglieder der PKE, nämlich die Kraftwerke Brusio und die Rhätischen Werke für Elektrizität in Thusis. Auch die Betreibergesellschaft des Kraftwerks Laufenburg ist immer noch bei der PKE, allerdings unter dem Namen Energiedienst Holding AG.

Ebenfalls auf eine 100-jährige Zusammenarbeit mit der PKE zurückblicken können verschiedene Gemeinden, beispielsweise das Elektrizitäts- und Wasserwerk der Stadt Buchs (SG) oder die heutige Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil AG. Weiter zu erwähnen ist die Gemeinde Wettingen, die 1922 nur das Werkpersonal, inzwischen aber das gesamte Personal der Einwohnergemeinde bei der PKE versichern lässt. Auch die Wasserversorgung Herisau, die sich 1922/23 der PKE anschloss, ist 2022 immer noch Mitglied. Und während Electrosuisse mit Prüfstellen in Fehraltorf und Münchenstein die PKE 2015 verliess, ist das Personal des VSE, des Schweizerischen Vereins des Gas- und Wasserfaches sowie der PKE selbst weiterhin bei der PKE versichert.

Die PKE darf also auf 100 Jahre erfolgreiche Geschäftstätigkeit zu­­rück­blicken. Und sie bietet heute wie damals eine nachhaltig finanzierte und sichere Altersvorsorge für ihre Versicherten.

Autor
Dr. Martin Illi

ist freier Historiker in Zürich und Horgen.

Festschrift

Die PKE hat zu ihrem Jubiläum eine Festschrift mit der Geschichte der PKE veröffentlicht. Diese Festschrift kann auf www.pke.ch als PDF heruntergeladen werden. Alternativ ist sie auch in gedruckter Form erhältlich, und zwar unter 044 287 92 92 oder info@pke.ch

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