Fachartikel Infrastruktur

Vor-Ort-Teilentladungsmessung

Elektronische Prüfquelle für Leistungstransformatoren

17.12.2016

Die Fachkommission für Hochspannungsfragen führt seit den 1990er-Jahren Prüfungen an Leistungstransformatoren durch. Seit 2014 steht für die Vor-Ort-Prüfungen eine elektronische Prüfquelle zur Verfügung, als Alternative zu den zuvor meist eingesetzten Dieselaggregaten. Die selbst entwickelte Prüfquelle basiert auf einem kommerziellen Frequenzumrichter für Motorantriebe und erlaubt hochempfindliche Vor-Ort-TE-Messungen an Transformatoren bis 1 GVA. Bisher wurden bereits an über 25 Transformatoren induzierte Spannungsprüfungen mit der neuen Prüfquelle durchgeführt.

Zusammen mit den Abnahmeprüfungen im Werk belegen die Vor-Ort-Prüfungen einen beschädigungsfreien Transport sowie fehlerfreie Montagearbeiten und Ölaufbereitung am Aufstellungsort. Aufgrund des steigenden Durchschnittsalters der Schweizer Transformatorenflotte und einem Trend zu zustandsbasierten Wartungskonzepten gewinnen auch Diagnosemessungen zur Zustandsbeurteilung von betriebsgealterten Transformatoren zunehmend an Bedeutung.

TE-Diagnostik an Leistungstransformatoren

Die Teilentladungsmessung (TE-Messung) ist neben weiterer Diagnosemessungen (PDC, FRA u.w.) wichtigster Bestandteil der elektrischen Abnahmeprüfungen im Werk und vor Ort. [1] Oft werden auch Transformatoren, bei denen die regelmässig durchgeführten Isolieröl-Analysen auf TE-Aktivität hinweisen [2], einer TE-Messung unterzogen, um die TE-Quelle zu lokalisieren und nötige Reparaturmassnahmen vor einer möglichen Havarie ergreifen zu können. Bild 1 zeigt die häufigsten Stellen von TE-Quellen in Leistungstransformatoren. [3]

Bei der von der FKH angewandten phasenaufgelösten Teilentladungsmessung (PRPDA) werden kleinste, von Isolationsfehlern herrührende Ladungsverschiebungen zusammen mit der Phasenlage zur anliegenden Prüfspannung aufgezeichnet. [4] Das TE-Messsystem wird dazu vorzugsweise mittels Hochfrequenz-Stromwandlern direkt an die kapazitiven Messanschlüsse der Durchführungen angeschlossen. Bei Durchführungen ohne Messanschlüsse können auch externe Koppelkondensatoren verwendet werden.

Durch Analyse der scheinbaren Ladung der gemessenen TE-Impulse, ihrer Phasenlage und Polarität, der Häufigkeit der TE-Ereignisse sowie Ein- und Aussetzspannung können genaue Rückschlüsse auf die Art der Fehlstelle, ihrer Position im Trafo und das von ihr ausgehende Gefährdungspotenzial gezogen werden.

Bei TE-Prüfungen vor Ort wird der Transformator über eine Sekundär- oder Tertiärwicklung erregt. Die Ausgangsspannung der Prüfquelle wird dabei mit einem Stepup-Transformator an das Spannungsniveau der Einspeisewicklung angepasst. Bei dieser sogenannt «induzierten Prüfung» herrschen im Trafo dieselben Spannungsverhältnisse wie im Betrieb. Um eine empfindliche TE-Messung zu gewährleisten, muss die Prüfquelle folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie darf keine Störsignal-Quellen enthalten, weder «echte» TE, z.B. im Isolationssystem des Stepup-Trafos, noch andere hochfrequente Störsignalquellen (EMV), die in den TE-Messkreis einkoppeln und zu unzulässig hohen Grundstörpegeln führen.
  • Die Prüffrequenz muss sich über die Betriebsfrequenz (50 Hz) steigern lassen, damit sich prüffrequenzkorrelierte TE von betriebsfrequenten externen Störungen unterscheiden lassen und um bei Prüfspannungen über der Betriebsspannung (üblich sind 120 % Un) Kernsättigung zu vermeiden. Mit der Wahl einer optimalen Prüffrequenz lassen sich darüber hinaus Verzerrungen der Prüfspannung durch Resonanzen des Prüflings resp. des Stepup-Trafos reduzieren.
  • Die Prüfspannung sollte sich in einem weiten Bereich (0 – 120 %) möglichst stufenlos regeln lassen, um die Spannungsabhängigkeit von TE-Quellen (Ein- und Aussetzspannung) untersuchen zu können.
  • Die Prüfquelle muss effizient transportiert und vor Ort eingesetzt werden können. Dies gilt vor allem bei engen Verhältnissen, wie sie z.B. in Kraftwerkskavernen vorgefunden werden.

Elektronische Prüfquelle

Vor der Einführung der elektronischen Prüfquelle benutzte die FKH hauptsächlich mobile Diesel-Notstromaggregate als Prüfspannungsquelle, obwohl damit insbesondere die Forderung nach stufenloser Frequenz- und Spannungseinstellung nur teilweise und mit erheblichem Aufwand erfüllt werden konnte.

Mit den Fortschritten der Leistungselektronik wurden elektronische Quellen für die Vor-Ort-Prüfungen der FKH zunehmend attraktiver. Bereits seit über 20 Jahren nutzt die FKH halbleiterbasierte statische Frequenzumrichter als Prüfquellen für Serieresonanz-Kabelprüfungen bis zur Höchstspannungsebene. Im Gegensatz zu den einphasig durchgeführten Kabelprüfungen wird ein geprüfter Transformator bei der induzierten Spannungsprüfung allerdings meist dreiphasig erregt, was den Aufbau der Prüfquelle komplexer macht.

Die selbst entwickelte elektronische Transformatoren-Prüfquelle der FKH baut auf einem kommerziellen Frequenz­umrichter für Motorantriebe mit einer Leistung von 720 kVA auf. Der Frequenz­umrichter ist zusammen mit einem Sinusfilter in einem Schaltschrank integriert und wird bei Vor-Ort-Prüfungen modular über einen Trenntrafo an den Stepup-Trafo angeschlossen, der den Prüfling über die Sekundär-/Tertiärwicklung erregt (Bild 2). Die Speisung der Quelle kann dabei, je nach örtlichen Gegebenheiten, über das Netz oder über ein Notstrom-Aggregat erfolgen.

Der Umrichter lässt sich über eine LWL-Verbindung einfach fernsteuern und arbeitet in einem Frequenzbereich von 20 – 400 Hz, wobei vor Ort meist mit Frequenzen zwischen 60 und 120 Hz geprüft wird. Die Ausgangsspannung ist von 0 bis 100 % stufenlos regelbar, womit die beim Einsatz von Dieselaggregaten teilweise notwendigen Anpassschaltungen des Stepup-Trafos entfallen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die beim Einsatz von rotierenden Quellen (Dieselaggregaten) notwendigen Kompensationsmassnahmen zur Korrektur des Prüfling-Leistungsfaktors entfallen.

Filterung

Frequenzumrichter erfordern wesentlich komplexere Filtermassnahmen als rotierende Quellen, besonders, wenn bei der Trafo-Prüfung eine hochempfindliche TE-Messung zur Diagnose von Isolationsfehlern eingesetzt wird.
Der FU «zerhackt» die DC-Spannung des gleichrichtergespeisten Zwischenkreises mit Halbleiter-Schaltelementen (IGBT) und liefert so eine pulsweitenmodulierte Ausgangsspannung mit einer der Schaltfrequenz entsprechenden Fundamentalfrequenz. Der Sinusfilter bewirkt eine Tiefpassfilterung der FU-Ausgangsspannung, womit eine praktisch sinusförmige Spannung in die Last gespeist wird (Bild 3).

Die sehr schnellen Schaltzeiten der IGBTs produzieren allerdings Oberwellen mit Frequenzanteilen bis weit über 10 MHz. Diese EMV-Störungen können sich sowohl leitungs- als auch strahlungsgebunden ausbreiten, in den Messkreis der Teilentladungsmessung einkoppeln und zu unzulässig hohen TE-Grundstörpegeln führen. Dies wird durch den aus einer hochpermeablen Nickelstahllegierung gefertigten Schaltschrank, geschirmten Kabelverbindungen sowie mit weiteren LC-Filterstufen nach dem Sinusfilter verhindert. Da die Innenimpedanz des Frequenzumrichters sehr klein ist, ist das Filter-Design besonders anspruchsvoll und musste mit aufwendigen EMV-Messungen entwickelt und überprüft werden. Entscheidend für die Wirksamkeit der Filtermassnahmen ist auch das optimierte Erdungssystem der Prüfquelle.

Bei Vor-Ort-TE-Messungen werden mit der elektronischen Prüfquelle Grundstörpegel zwischen 5 und 20 pC auf der Einspeiseseite erreicht, was mindestens so gut ist wie mit den bisher eingesetzten Dieselaggregaten.

Beispiele von Prüfungen

Seit der Einführung Ende 2014 wurden mit der elektronischen Prüfquelle bereits über 25 Vor-Ort-Aufträge mit induzierter Spannungsprüfung durchgeführt. Dabei wurden Transformatoren mit einer Nennleistung zwischen 18 und 250 MVA geprüft. An 19 Transformatoren wurde eine TE-Messung vorgenommen, teilweise auch mit eingebauten UHF-Sensoren. Im Folgenden sollen zwei Fallbeispiele den Einsatz der neuen Quelle illustrieren.

Bei den Kraftwerken Oberhasli (KWO) wurden 2015 die Maschinentrafos der neuen Generatoren in den Zentralen Innertkirchen  1 (165 MVA) und Handeck  2 (106 MVA) geprüft. An beiden Transformatoren wurde eine einstündige induzierte Spannungsprüfung mit TE-Messung bei 120 % der Betriebsspannung durchgeführt. Die elektronische Prüfquelle wurde dazu über einen Stepup-Trafo an die US-Wicklungen angeschlossen (Bild 4). Die Speisung erfolgte über die NS-Verteilung der Zentrale, wodurch sich Probleme mit den Abgasemissionen eines Dieselaggregats in der Kaverne erübrigten.

Im UW Obfelden wurde im August 2015 der neue Phasenschieber-Transformator des EWZ geprüft. Der 250-MVA-Transformator wurde über die US-Wicklungen erregt und einer einstündigen Spannungsprüfung bei 120 % der Betriebsspannung unterzogen. An den je vier Durchführungen der OS (Schaltgruppe YN) und MS (Schaltgruppe yn0), sowie den drei Durchführungen der US (Schaltgruppe d5) wurde eine TE-Messung durchgeführt.

Fazit

Die neue elektronische Prüfquelle für Transformatorprüfungen der FKH hat sich in den ersten beiden Jahren Vor-Ort-Einsatz bewährt. Durch den modularen Aufbau lässt sich die Quelle auch an spezielle Prüfanforderungen (z.B. Kaverneneinsatz) anpassen und erlaubt Prüfungen bis in die höchsten Leistungsklassen. Im Vergleich mit den bisher eingesetzten Dieselaggregaten bringt die neue Prüfquelle einen Effizienzgewinn, da sie ­einerseits kompakter aufgebaut ist und andererseits aufwendige Kompensationsmassnahmen wegfallen. Die von der FKH entwickelte Filtertechnik ermöglicht Vor-Ort-TE-Messungen mit Grundstörpegeln, die gleich oder besser als bei Prüfungen mit rotierenden Quellen sind. Zudem lassen sich Ausgangsspannung und -frequenz der elektronischen Quelle stufenlos regeln, was u.a. Anpassschaltungen des Stepup-Transformators überflüssig macht und eine genauere und schnellere Untersuchung von TE-Quellen ermöglicht.

 

Referenzen

[1] M. Hässig, R. Bräunlich, R. Gysi, J.-J. Alff, V. Der Houhanessian, W. S. Zängl, «On-Site Applications of Advanced Diagnosis Methods for Quality Assessment of Insulation of Power Transformers», IEEE Conference on Electrical Insulation and ­Dielectric Phenomena, Oktober 2001.
[2] M. Koch, Th. Heizmann, «Erfahrungen mit der Isolierölanalyse – Anwendung, diagnostische Aussage und Einfluss auf das Asset Management», Bulletin SEV/VSE 5/2016, S. 49ff.
[3] Th. Heizmann, R. Bräunlich, Th. Aschwanden, J.  Fuhr, M. Hässig, P. Müller, «The Swiss experience of on-site high voltage tests and diagnostic ­measurements on large power transformers», ­Cigré Session 2010, Paris.
[4] R. Bräunlich, M. Hässig, J. Fuhr, Th. Aschwanden: «Assessment of Insulation Condition of Large Power Transformers by On-Site Electrical Diagnostic Methods», IEEE International Symposium on Electrical Insulation, April 2000.

 

Autor
Dr. Thomas Brügger

arbeitet als Prüfingenieur bei der FKH in Zürich.

  • FKH, 8050 Zürich
Autor
Pascal Fehlmann

arbeitet als Prüfingenieur bei der FKH und leitet das Büro Westschweiz in Montet (Broye).

  • FKH, 8050 Zürich

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