Fachartikel Beleuchtung , Energieeffizienz

Licht ohne Schatten

Die OLED in der Beleuchtung

09.01.2017

Üblicherweise werden in Museen Objekte ausgestellt, deren Qualitäten sich in einem historischen Prozess heraus­kristallisiert haben, die einen bleibenden Wert haben. Nicht so im Winterthurer Museum für Gewerbe, denn da wurden Ergebnisse eines OLED-Forschungsprojekts ausgestellt – Leuchten, die die gestalterischen Möglichkeiten und Grenzen von organischen LEDs ausloten sollen.

Die flächig strahlenden, ultradünnen OLEDs standen im Mittelpunkt einer Ausstellung im Gewerbemuseum Winterthur vom 10. Mai bis 18. Oktober 2015. Gezeigt wurden Ergebnisse des Forschungsprojekts des OLED-Design-Labors der Hochschule für Gestaltung und Kunst, HGK Basel. Zusammen mit Industrie- und Designpartnern wurde in diesem Projekt das Innovationspotenzial von OLEDs experimentell untersucht. Ergänzt wurde die Ausstellung durch OLED-Leuchten, die der Lichtdesigner Ingo Maurer seit Mitte der 2000er-Jahre entworfen hatte.

Der Titel der Ausstellung, «OLED – Licht der Zukunft?», trifft die aktuelle Situation dieser organischen Lichtquelle präzise, denn heute spielt die OLED für Beleuchtungszwecke nur eine marginale Rolle, und eine künftige Rolle zeichnet sich noch nicht klar ab, obwohl es diverse Ideen und Visionen gibt, wie beispielsweise den Einsatz von transparenten OLEDs bei Fenstern, die in der Nacht das Tageslicht imitieren und so einer naturnahen Beleuchtung näher kommen.

Die Beleuchtungstechnologie der Gegenwart ist die LED, die bezüglich Energieeffizienz, Lebensdauer und sinkenden Kosten einen enormen technologischen Wandel ausgelöst hat. Die bei der LED auftretenden Herausforderungen, die sich deutlich von denen der OLED unterscheiden, wie die hohe Wärmeflussdichte, hat man grösstenteils im Griff. Die Bedeutung der OLED liegt heute anderswo: Sie ist der Favorit für brillante Displays in tragbaren Geräten und immer mehr auch in Fernsehgeräten.

OLEDs in Leuchten

Natürlich gibt es ein paar Leuchtenhersteller, die OLEDs einsetzen, wie beispielsweise die Safenwiler Firma Ribag, die Belgische Firma Eden Design oder das Prager Unternehmen Halla. Die meisten Leuchtendesigner nutzen aber OLEDs vorläufig nicht, da der Markt heute fehle, die Technologie noch zu teuer und zu instabil sei. Gemäss dem Designer Lukas Niederberger von Baltensweiler könne man mit heutigen weissen LEDs in vielen Fällen vergleichbare Flächenbeleuchtungen realisieren wie mit OLEDs. Obwohl die Leuchten nicht ganz so dünn sind, ist die Seiteneinspeisung mit LEDs heute eine bewährte Sache. Zudem sind die LEDs technisch auf einem höheren Niveau – zuverlässig, preisgünstig und langlebig.

Impressionen der Ausstellung

In den meisten Exponaten der Ausstellung wurden quadratische, sehr dünne Philips-Lumiblade-OLEDs verwendet, mit den Massen 12 x 12 cm. Man hatte den Eindruck, dass es im Forschungsprojekt nicht nur darum ging, die Anordnungs- und Einsatzmöglichkeiten dieses hellen Quadrats auszuprobieren, sondern gleichzeitig um zu schauen, wie man einer sterilen, weiss leuchtenden Fläche, die kaum Schatten wirft, Leben einhauchen kann. Dies ist dort am ehesten gelungen, wo sich das Licht dynamisch veränderte und dort, wo das Licht eine spezifische Aufgabe zu erfüllen hatte und eigentlich, beispielsweise als ultradünne Wandleuchte, selbst in den Hintergrund trat. Positiv fiel dabei das sanfte, blendfreie Licht der dünnen Lichtquellen auf.

Nebenprodukt im Fokus

Interessant waren die Sandwich-Kon­struktionen aus zwei OLED-Schichten und der Ansteuerungselektronik in der Mitte. Diese knapp 1 cm dicke Konstruktion überraschte durch die Möglichkeit, die OLEDs individuell steuern zu können. Wenn beide Seiten eingeschaltet sind, wirkt das Element wie eine einzige Lichtquelle, die auf beide Seiten abstrahlt. Man ahnt nicht, dass sich eine Printplatte in der Mitte befindet. Dimmt man aber eine Seite, kann man einen Überraschungseffekt erzeugen. Werden diese Leuchten nahe einer Wand angebracht, geben sie direktes und indirektes, durch die Wand reflektiertes Licht ab. Der Anteil des direkten und des indirekten Lichts lässt sich frei wählen. Steuert man einige solcher Panels dynamisch an, beispielsweise durch Näherungssensoren, wie in der Lichtinstallation Cirrus, kommt Bewegung in die Sache (siehe flokk.ch). Bei der ausgestellten Installation Cirrus 64 wurde ein Algorithmus entwickelt, der dafür sorgt, dass die allgemeine Raumhelligkeit auch bei sich änderndem Beleuchtungsbild konstant bleibt. So wird ein Gefühl des Unwohlseins vermieden, das durch Helligkeitsschwankungen ausgelöst werden könnte.

Das Herz dieser Konstruktion ist eine eigens für das Forschungsprojekt entwickelte, offene und interaktive Ansteuerungsplattform, Flokk. Die Plattform besteht aus Elektronik und Software und kann autonom betrieben werden. Entwickelt wurde sie durch Iart AG, einem Basler Ingenieurbüro, das Projekte im Spannungsfeld Medien, Kunst und Technologie realisiert.

Die quadratische Printplatte hat bis zu 9<nbsp>LED-Treiber, die sich via Pulsweitenmodulation beliebig dimmen lassen. Dank der 16-bit-Auflösung kann praktisch stufenlos gedimmt werden. Aussergewöhnlich ist zudem die Modulationsfrequenz von 20<nbsp>kHz. Diese hohe Ansteuerfrequenz stellt sicher, dass das Licht für Betrachter nicht flackert – nicht einmal auf Videos, die mit Smart Phones aufgenommen werden. Dies bieten sonst nur wenige professionelle Ansteuersysteme.

Die Interaktivität der Plattform basiert auf diversen Inputs: Kapazitive Näherungs-, Temperatur-, Berührungs- sowie Umgebungslichtsensoren sind auf dem Print integriert. Zudem hat es ein Mikrofon und einen Infrarot-Sensor, der Menschen detektieren kann, auch wenn sie sich nicht bewegen. Und via WLAN kann das Element mit anderen Elementen kommunizieren oder als Internet-of-Things-Komponente mittels Smart Phone angesteuert werden. Das Potenzial der Plattform wurde im Forschungsprojekt noch nicht erschöpft, der Fantasie sind da kaum Grenzen gesetzt.

Eine kurze OLED-Geschichte

Forscher an der Universität Nancy, Frankreich, schafften es bereits in den frühen 1950er-Jahren, organische Materialien mit Wechselstromfeldern zum Leuchten zu bringen. Mitte der 1960er-Jahre wurde blaues Licht mit Gleichspannung in Anthracen-Einkristallen erzeugt. Anthracen ist ein farbloser Feststoff, der aus Steinkohlenteer gewonnen wird. Da die benötigten Spannungen für die Lumineszenz im Kilovoltbereich lagen, überrascht es nicht, dass diese ursprünglichen organischen Lichtquellen in der Praxis keine Chance hatten. 1987 wurde ein weiterer Meilenstein erreicht, als Ching W. Tang und Steven Van Slyke bei Eastman Kodak die erste OLED (Diodenaufbau mit Zweischichtstruktur) entwickelten. Diese Struktur funktionierte bereits bei niedrigerer Spannung und hatte eine grössere Effizienz als die früheren Systeme.

Seit 1990 hat sich die technologische Entwicklung bei OLEDs beschleunigt. Der Fokus lag zunächst auf der Entwicklung von kleinen Displays. Die erste kommerziell verfügbare Anzeige, eine einfarbige Passiv-Matrix-OLED für Autoradios, wurde 1996 von Pioneer eingeführt. Zwei Jahre später stellten Kodak mit Sanyo die erste Aktiv-Matrix-OLED-Anzeige vor. Dann wurden OLEDs in grossen Stückzahlen sowohl in tragbaren Geräten als auch, in kleinerer Quantität, bei TV-Geräten eingesetzt.

Erst 2008 wurde die erste OLED-Leuchte von Osram vorgestellt – zu einem stolzen Preis von € 25 000. Nur 25 Einheiten dieser Leuchte wurden hergestellt. Ein Jahr später kamen die Lumiblade von Philips und die Orbeos von Osram auf den Markt. Seit 2010 verkauft Lumiotec OLED-Leuchten. OLED-Panel-Hersteller wie Philips, Osram und Lu­miotec haben zudem mit externen Designern diverse OLED-Leuchten entwickelt, um den OLED-Panel-Markt zu beleben – eine werbewirksame Methode. Im selben Jahr stellte Sony die Produktion seines XEL-1 OLED-Fernsehers ein. 2012 kam das erste transparente OLED-Beleuchtungspanel, Comedd, auf den Markt. Zwei Jahre später stellte Konica-Minolta das flexible, hocheffiziente OLED-Panel mit 139<nbsp>lm/W als Technologiedemonstrator vor. LG Chem stellt seit März 2014 das weltweit grösste OLED-Beleuchtungspanel (320x320<nbsp>mm) her. Die 0,88<nbsp>mm dünne Lichtquelle erzeugt 800 bis 1200<nbsp>lm bei einer Farbtemperatur von 3000<nbsp>K und 60<nbsp>lm/W.

Arten von OLEDs

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen OLEDs, die mit Polymeren, also grossen Molekülen, gefertigt werden, und solchen, bei denen kleine Moleküle verwendet werden. Erstere haben den Vorteil, dass Polymere in einem Lösungsmittel gelöst beispielsweise mittels Tintenstrahl- oder Siebdruck aufgetragen werden können. Ihr Nachteil ist, dass sie die qualitativen Erwartungen beispielsweise bezüglich Farbstabilität und Lebensdauer noch nicht erfüllen. Sollte es gelingen, diesen Prozess zu verfeinern, wäre eine deutlich preisgünstigere Herstellung gros­ser OLEDs denkbar.

Die meisten handelsüblichen OLEDs setzen kleine Moleküle als Lichtquelle ein, die im Hochvakuum auf einen Träger, meist Glas, aufgedampft werden. Dieser Prozess ist heute ausgereift, die so hergestellten OLEDs sind energieeffi­zienter als Polymer-OLEDs und haben eine längere Lebensdauer.

Ursprünglich bestand die Lumineszenz-Schicht bei OLEDs aus fluoreszierendem Material. Heute werden vielfach phosphoreszierende Materialien eingesetzt, die zwar die elektrische Anregung besser in sichtbares Licht umsetzen, aber auf seltene Metalle wie Iridium und Platin angewiesen sind. Da es teilweise kein phosphoreszierendes stabiles Blau gibt, kombiniert man manchmal rote und grüne phosphoreszierende Schichten mit einer fluoreszierenden Blauschicht zu Hybrid-OLEDs. Samsung stellt die meisten ihrer OLED-Panels so her.

Die OLED-Forschung steht nicht still. Es wird zurzeit beispielsweise an neuen Materialien geforscht, sogenannten TADFs (Thermally Activated Delayed Fluorescence), die eine vergleichbare Lichtausbeute wie phosphoreszierende OLEDs erreichen, aber ohne seltene Metalle auskommen und somit nachhaltiger und umweltfreundlicher sein sollen. Aktuell wird auch an der Kombination von Flüssigphasenabscheidung mit Vakuumabscheidung geforscht. Teilweise sind kommerzielle Systeme bereits so aufgebaut. Da der Flüssigphasenprozess kein Vakuum benötigt und auch grosse Flächen auf einmal beschichten kann, wird die Herstellung preisgünstiger.

Literatur

  • Ron Mertens, The OLED Handbook, 2015.
  • Shuichiro Ogawa (Hrsg.), Organic Electronics Materials and Devices, Springer, 2015.

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Autor
Radomír Novotný

ist Chefredaktor des Bulletins Electrosuisse.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf