Die Revolution frisst ihre Kinder
Entwicklungen und Umwälzungen in der Lichtbranche
Über das Licht und im Speziellen über die LED wurde in den vergangenen Jahren schon viel geschrieben. Dies überrascht nicht wirklich, denn die Umwälzungen in der Branche sind beträchtlich. Solche Zeiten sind unübersichtlich und den Beteiligten fehlen oft die Zeit und die notwendige Distanz, das Geschehene zu reflektieren. Eine Standortbestimmung tut not.
Die Entwicklung in der Lichtbranche war in den letzten Jahren enorm. Selbst viele Experten hätten ein so hohes Tempo nicht erwartet. Vor knapp zehn Jahren ging es zunächst darum, die Qualität bestehender Lichtquellen zu erreichen.
In dieser Zeit begannen erste Diskussionen um die 2000-W-Gesellschaft. Im Lichtbereich sollten Leuchtturmprojekte wie das Stadtspital Triemli in Zürich die Vorgaben der 2000-W-Gesellschaft erfüllen. Dies bedeutet beim Beleuchtungsnachweis nach SIA 380/4 das Erreichen des Zielwertes – ein theoretischer Wert, welcher nur unter optimalsten Bedingungen und durch Verwendung der energieeffizientesten Leuchten und Steuerungskomponenten erreicht werden kann.
Damals hat dies die Planer beinahe zur Verzweiflung gebracht. Doch auf dem Weg in Richtung Realisierung kam die LED so richtig in Fahrt und das scheinbar Unmögliche wurde möglich.
Ein Vergleich macht dies deutlich: Ein Downlight aus dem Jahre 2006 auf Basis einer Kompaktleuchtstofflampe erreichte eine Leuchtenlichtstromausbeute von knapp 45 lm/W. 2016 liegt dieser Wert nun bei 90 lm/W oder höher, was eine Verdoppelung der Effizienz bedeutet. Noch beeindruckender sieht der Vergleich zwischen Glühlampe und LED aus: 13 lm/W bei der Glühlampe und über 120 lm/W bei einer LED-Filament-Lampe.
Das Erfüllen des Beleuchtungsnachweises ist dadurch in vielen Situationen somit fast zur Farce geworden. Viele Projekte erreichen bzw. unterbieten den Zielwert ohne grosse Anstrengungen. Mit intelligenter bedarfsgerechneter Steuerung kann der Energieverbrauch nochmals deutlich reduziert werden. Die SIA 380/4 musste vor diesem Hintergrund dringend überarbeitet werden und wird mit der neuen Bezeichnung SIA 387/4 voraussichtlich Anfang 2017 in Kraft treten.
Steigende Energieeffizienz
In der aktuellen Energiestrategie 2050 des Bundes werden weiterhin ambitiöse Ziele verfolgt: Bis ins Jahr 2050 soll die Schweizer Bevölkerung zwei Drittel weniger Energie verbrauchen als heute. Als ein wichtiger Grundpfeiler wird dazu immer wieder die Steigerung der Energieeffizienz genannt.
Die Analyse des Schweizerischen Energieverbrauchs 2000 – 2014 nach Verwendungszweck (BFE, 2015) zeigt eines deutlich: Bei steigendem Elektrizitätsverbrauch ist der Endenergieverbrauch gesunken. Die positive Ausnahme ist aber bei der Beleuchtung zu erkennen. Bei Privathaushalten beträgt der Rückgang des Elektrizitätsverbrauchs zwischen 2000 und 2014 gar 19 %. Daneben hat einzig der Bereich Informations- und Kommunikationsgeräte sinkende Werte zu verzeichnen. Bei allen anderen Verwendungszwecken stieg der Verbrauch weiterhin an. Der Bereich «Sonstiges» verbuchte dabei einen Zuwachs von über 80 %.
Die regulatorischen Massnahmen, namentlich im Bereich Glühlampenverbot, zeigen hier ihre Wirksamkeit – aber auch erst, seit ein LED-Ersatz mit vergleichbarer Qualität und zu akzeptablem Preis auf dem Mark erhältlich ist.
In wesentlich trägeren Bereichen wie der Dienstleistung ist die Trendwende noch nicht ganz erreicht. Hier stieg der Energieverbrauch für die Beleuchtung innerhalb der letzten fünf Jahre kaum noch an, ist im Vergleich zum Jahr 2000 dennoch um 7 % gestiegen. Trotz Anstieg liegt der Wert noch unter dem Durchschnitt von 10 %.
Diese Ausführungen machen klar, dass die Lichtbranche einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Energieziele leistet und auch künftig leisten wird. Leider finden diese Erfolge von den Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft kaum Beachtung.
Alles gut?
Neben der fehlenden Anerkennung der Erfolge macht sich bei vielen Bauherren, ihren Beratern und öffentlichen Stellen sogar der Eindruck breit, dass bereits alle Herausforderungen im Bereich Beleuchtung vollständig gelöst seien. Steigende Energieeffizienz bei fallenden Preisen – was will man mehr? Die Preis-Erosion im Bereich des Consumer-Marktes und der Retrofit-Lampen lässt die Umbrüche der Lichtbranche nur erahnen. Wenn der Endpreis von Produkten innerhalb von nur zwei Jahren um das zwanzigfache fällt, wird es schwierig, Geld zu verdienen. Hohe Forschungs- und Entwicklungskosten müssen abgeschrieben und unrentable Bereiche ausgegliedert bzw. verkauft werden. Die Zeiten für die etablierten Grossunternehmen der Lampenindustrie sind deutlich schwieriger geworden.
Beispiel Osram
Der Lichtkonzern Osram hat Mitte 2016 für seine traditionelle Lampensparte einen Käufer in China gefunden. Das erst im Januar unter dem neuen Namen Ledvance firmierende Geschäft mit gut 9000 Mitarbeitern geht an ein Konsortium um den chinesischen LED-Spezialisten MLS und den Finanzinvestoren IDG und Yiwu. Der Kaufpreis betrugt über 400 Mio. Euro. Darüber hinaus soll Osram in den kommenden Jahren Lizenzzahlungen für die Nutzung von Namensrechten erhalten. Die Glühlampe wurde bereits aus dem Logo des Münchner Traditionsunternehmens entfernt.
Qualitätsanforderungen
Leider wird oft vergessen, dass die fundamentalen Neuerungen zur Lichterzeugung weitere weitreichende Veränderungen zur Folge haben. Zum Erreichen der bereits genannten Erfolge wurden in den letzten Jahren öfter frühere Qualitätsansprüche vernachlässigt. Aber nur qualitativ hochwertiges Licht ist in der Lage, heutige Ansprüche zu erfüllen und langfristig zu überzeugen.
So sind weitreichende Anpassungen an der Bewertung der Qualität von Lichtquellen notwendig. Unter anderem steht der international anerkannte Color Rating Index (CRI) zur Klassifizierung der Farbwiedergabe seit langer Zeit zur Diskussion. Als letztes Jahr die Illuminating Engineering Society of North America (IES) den TM-30-15 veröffentlichte, sorgte dies für einen immer noch andauernden internationalen Diskurs, wie mit der Charakterisierung der Farbwiedergabe umgegangen werden soll und wie ein tatsächlicher Mehrwert erreicht werden kann.
Lichtqualität als Priorität
Flickernde 50-Hz-Beleuchtung war einst eine typische Krankheit bei Leuchtstofflampen, die mit konventionellen Betriebsgeräten (KVG) betrieben wurden, und galt seit dem elektronischen Vorschaltgerät (EVG) als beseitigt. Mit der LED breitet sich das Flickern wieder aus und verunsichert Planer und Kunden. Diverse Richtlinien und Normen existieren bereits, ein klarer Konsens ist international jedoch noch nicht in Sicht.
Es ist anzunehmen, dass diese Schwierigkeiten von den zuständigen Planern und Beratern noch nicht in der notwendigen Tiefe verstanden und bearbeitet wurden. Es ist also an der Zeit, der Lichtqualität wieder den Vorrang zu geben, der ihr gebührt, denn es wäre fatal, wenn die Errungenschaften aus vergangenen Tagen in Vergessenheit geraten würden.
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