Aktuelle Lichtforschung zum zehnjährigen Jubiläum
Swiss Lighting Forum, 30. Januar 2020, Basel
Zehn Jahre ist es her, als an der ETH Zürich das erste LED-Forum durchgeführt wurde. Der ursprüngliche Veranstaltungsort deutete darauf hin, dass es sich bei der LED damals um eine noch zu erforschende und zu entwickelnde Lichtquelle gehandelt hat, die wegen dem bläulich-kalten Licht eher unbeliebt war.
Wie viel seither bei und mit der LED erreicht wurde, das konnte man am 30. Januar 2020 im Congress Center Basel erfahren, beispielsweise im Einstiegsreferat von Jürgen Waldorf, dem Geschäftsführer des deutschen Fachverbands Licht. Lag beim ersten LED-Forum der Marktanteil der LED bei Beleuchtungsmitteln praktisch bei 0%, ist er kontinuierlich bis zu den heutigen 85% angestiegen – sowohl in der Innen- wie in der Aussenbeleuchtung. Die Farbwiedergabe wurde stetig verbessert, die Lebensdauer verlängert, die Energieeffizienz erhöht. Schliesslich sanken auch die Investitionskosten. Für Involvierte war es keine einfache Zeit, denn man musste im Lichtbereich lernen, mit Elektronik und neuen Kühlungsfragen umzugehen. Die Forschungs- und Entwicklungszeiten sanken deutlich. Früher lagen die Zyklen bei drei Jahren, heute hat man ein halbes Jahr Zeit für die Entwicklung eines neuen Produkts.
Intelligente Lichtinfrastruktur
Eine bewährte Grösse bei den LED-Foren sind die Beiträge von Tran Quoc Khan, Professor für Lichttechnik an der TU Darmstadt. Er ging auf die Entwicklungsstufen der Lichttechnologie – von konventionellen Leuchten bis zu Smart Lighting – und die der Lichtwissenschaft – visuelle Leistung, Farbwiedergabe, nichtvisuelle Effekte – ein. Heute befasse man sich primär mit der Konnektivität, wobei die Auswertung der Daten in Echtzeit und die dynamische Anpassung an individuelle Präferenzen im Vordergrund stehe.
Ein Vortrag dreier Redner schilderte das im Büroturm von Roche in Basel realisierte Konzept von intelligenten Arbeitsplätzen. Da werden LED-Leuchten mit Sensoren ausgestattet und vernetzt, um neue Funktionalitäten zu ermöglichen. Das Facility Management profitiert von Daten, die ihnen die Wartung optimieren, und Nutzer können ihre Kollegen einfacher finden. Zudem lässt sich die Klimatisierung gemäss der Auslastung optimieren. Die aus diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse waren aufschlussreich: Die Nutzer nehmen keinen Unterschied zwischen der klassischen und der vernetzten Beleuchtung wahr. Zudem ist die Bedienung via App nicht beliebt – man benutzt lieber den Lichtschalter. Die Vorteile kommen im Hintergrund zum Ausdruck: Mit den Daten können Rückschlüsse auf die Nutzung der Büros gemacht werden. Die eingesetzte Technik ist robust und zuverlässig. Grundvoraussetzung für die Wahl der vernetzten Leuchte sei die Lichtqualität, denn das Licht sollte kein Nebenprodukt sein. Auch gestalterische Ansprüche sind wichtig.
Licht im Aussenbereich
Einer der vier Parallel-Streams war der Aussenbeleuchtung gewidmet. Eine Frage, die Leuchtendesigner beschäftigt, ist die nach dem optimalen Optikkonzept: Soll man sich für Linsen oder Reflektoren entscheiden? Katrin Schroll von Siteco zeigte auf, dass beide Konzepte ihre Vor- und Nachteile haben. Die Optik ist meist einfacher, mit weniger Freiheitsgraden. Man profitiert bei ihr von der Totalreflexion, muss aber Fresnelverluste in Kauf nehmen. Mit Reflektoren hat man eine gute Kontrolle über das reflektierte Licht, aber die Freistrahlung lässt sich nicht steuern. Bei der Fertigung haben Linsen den Nachteil, dass die Zykluszeiten vom Spritzguss abhängig sind. Defekte, Blasen oder Schwindungen können auftreten. Reflektoren haben beim Spritzguss kürzere Abkühlzeiten (Wandstärke), sie müssen aber anschliessend beschichtet werden, was einen weiteren Arbeitsschritt erfordert. Bei der Suche nach der besten Lösung muss man deshalb vorher definieren, welche Kriterien ausschlaggebend sein sollen.
Ein Vortrag ging auf die Beschaffung von Beleuchtungslösungen bei den SBB ein. Die Bundesbahnen investieren jährlich bis zu 12 Mio. CHF in neue Lichtlösungen. Aktuell werden die Investitionen bezüglich Produkt und Dienstleistung berücksichtigt. Künftig soll eine umfassende Bewertung auch auf die Kosten von Ausfallzeiten usw. ausgedehnt sein.
Human Centric Lighting
Auch das Human Centric Lighting erhielt einen Stream. Björn Schrader, Professor an der HSLU, plädierte für eine transparente Kommunikation, wenn man sicherstellen will, dass HCL seine Glaubwürdigkeit nicht verliert. Oft weisen Studien radiometrische Mängel auf oder wecken Erwartungen, die in der Praxis kaum erfüllt werden. Er setzte sich für die Anwendung von anerkannten Metriken und für das Ausprobieren in der Praxis ein, denn so gewonnene Erkenntnisse sind wertvoll.
Wissenschaftliche Betrachtungen rundeten das gelungene Forum ab. Beim Blaulichtthema konstatierte Christoph Schierz, Professor an der TU Ilmenau, dass die fotochemische Schädigung der Netzhaut durch das Blaulicht von LEDs keine eigentliche Gefahr darstellt, da natürliche Augenbewegungen die Situation entschärfen. Zudem sei die Sonne zehnmal heller und das Risiko bei ihr somit viel grösser als bei der LED.
Christian Cajochen, Uni Basel, erläuterte den Stand des Wissens bei den nichtvisuellen Wirkungen des Lichts. Um einen besseren Tiefschlaf zu erreichen, ist tagsüber eine genügend hohe Beleuchtungsstärke nötig und eine hohe spektrale Qualität des Lichts. An den neuronalen Grundlagen werde weiterhin geforscht.
Das nächste Swiss Lighting Forum findet am 28. Januar 2021 erneut in Basel statt.
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