Meinung Energiemarkt , Konventionelle Kraftwerke , VSE

Aktuelle Einschätzung der Versorgungs­situation im Winter 16/17

16.12.2016

Die ElCom ist im Hinblick auf die Versorgungssituation im Winter 2016/2017 vorsichtig optimistisch. Dennoch schliesst sie eine angespannte Versorgungssituation – bei Zusammenfallen von weiteren Ereignissen – nicht aus.

Durch die verzögerte Wiederinbetriebnahme des KKW Leibstadt und den Ausfall vom Block 1 des KKW Beznau fehlen in der Schweiz bis mindestens Ende Jahr rund 1500 MW Bandenergie. Die Substitution dieser Energie aus Norden ist nur beschränkt und mit Preisaufschlägen möglich, da die Netzkapazität für Importe aus Deutschland und Österreich begrenzt und die Energie in Frankreich in den kritischen Monaten knapp ist. Aufgrund der aktuellen Preisnotierungen erscheinen Re-Importe aus Italien als valable Option. Im europäischen Kontext bleiben die Verfügbarkeit der französischen KKW sowie der Temperaturverlauf in den kommenden Monaten die kritischen Parameter. Pro Grad Celsius zusätzlicher Kälte benötigt beispielsweise Frankreich mehr als 1000 MW zusätzliche Leistung.

Abgesehen vom Ausfall des KKW Leibstadt ist die Schweiz besser aufgestellt als vor einem Jahr: Block 2 des KKW Beznau ist in Betrieb, die Inbetriebnahme des Transformators in Beznau ist für März 2017 geplant, bei der Ausserbetriebnahmeplanung für diesen Winter wurde die Importkapazität maximiert. Einen positiven Effekt auf die Versorgungssicherheit haben auch die von der ElCom und der Branche initiierten und umgesetzten Massnahmen. So wird die 6-Monats-Prognose für die Importkapazitäten regelmässig publiziert, die Regelreserven früher reserviert und ein überarbeitetes Notkonzept eingesetzt.

Um den mittelfristig stark ansteigenden Bedarf an Import zu decken, braucht es Anstrengungen beim Netzausbau. Zur Erhöhung der Importkapazitäten haben insbesondere die Verstärkungen an den Knoten Beznau und Mühleberg sowie die Spannungserhöhung der Leitung Bassecourt-Mühleberg höchste Priorität.

Mit Blick in die längerfristige Zukunft muss auch die Importabhängigkeit kritisch beleuchtet werden: So wird grundsätzlich von einer uneingeschränkten Exportbereitschaft der Nachbarländer ausgegangen. Wie die aktuelle Situation in Frankreich jedoch zeigt, sind auch im angrenzenden Ausland Engpässe möglich. Deutschland ist mit dem Ausbau der Nord- und Südachse in Verzug und nimmt bis 2022 die verbleibenden Kernkraftwerke vom Netz.

 

Autor
Michael Bhend

ist Leiter der Sektion Netze und Europa bei der Eidgenössischen Elektrizitätskommission Elcom.

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