600-kW-Wechselrichter auf kleinstem Raum
Auf SiC-Technologie basierendes Design
Wechselrichter bereiten in modernen Elektroautos die elektrische Energie der Batterie für den Motor auf. Am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM wurde diese zentrale Komponente nun neu definiert: Auf Basis jüngster Entwicklungen in der Leistungselektronik entstand ein Wechselrichter, der hohe Energiemengen bei geringer Induktivität auf kleinstem Raum verarbeitet – mit einer gemessenen Spitzen-Effizienz von 98,7%.
In Elektroautos wandelt der Wechselrichter den Gleichstrom aus der Batterie in das, was aktuelle Motoren antreibt: in Dreiphasenwechselstrom. Je höher die Leistung im Antriebsstrang, desto grösser der Stromfluss und meist auch die Wärmeverluste. Minimiert wird dieser störende Nebeneffekt durch einen neuartigen Wandler, den das Fraunhofer IZM nun in Zusammenarbeit mit Porsche und Bosch entwickelt hat: der Dauerpower-Wechselrichter.
Der Name ist Programm, denn auch über lange Zeiträume stellt der Wechselrichter knapp 600 kW bereit, was etwa 815 PS entspricht. Das ist nicht nur gut anderthalbmal so viel, wie derzeit in einem 40-t-Lkw üblich, es setzt vor allem neue Massstäbe im Segment der elektrisch angetriebenen Sportwagen. Für kurzfristige Leistungsspitzen erreicht der Wechselrichter sogar 720 kW oder 979 PS.
Siliziumkarbid als Basis
Die Basis für die herausragende Leistungsfähigkeit des Wechselrichters bildet der Einsatz von Transistoren aus Siliziumkarbid (SiC). Ein grosses Plus liegt in der geringeren Modulinduktivität von 1,1 nH – unter Modulen mit ähnlicher Stromleitfähigkeit ist das Spitzenklasse. Dominik Seidenstücker, der federführend an dieser Entwicklung beteiligt war, erläutert weitere Vorteile: «Im Vergleich zu herkömmlichen Siliziumtransistoren zeichnen sich Siliziumkarbid-Halbleiter durch eine wesentlich höhere Temperaturbeständigkeit, geringere Halbleiterkapazitäten und einen reduzierten Durchlasswiderstand bei gleicher Halbleiterfläche aus. Daher bieten sie das Potenzial, Schalt- und Leitverluste erheblich zu reduzieren.»
Leiterplatten-Embedding verringert Abstände
Um das System besonders kompakt zu gestalten, wurden zudem DC-Link-Kondensatoren mit PolyCharge NanoLam-Technologie verwendet. Im Vergleich zu den üblichen Polypropylen-Kondensatoren bieten sie mehr als die doppelte Leistungsdichte. Durch ein spezielles Leiterplattenverfahren, bei dem die Halbleitermodule eingebettet werden, wird die Systemeffizienz weiter gesteigert. Dazu Dominik Seidenstücker: «Das Leiterplattenembedding ermöglicht uns, den Abstand zwischen den Hin- und Rückleitern zu verringern und so die Streuinduktivität zu reduzieren. Die geringere Streuinduktivität des Moduls führt dazu, dass wir schneller schalten können. Dies wiederum reduziert die Verluste im Halbleiter.» Ausserdem erlaubt diese Technologie eine kostengünstige Massenproduktion. Das auf SiC-Technologie basierende Design hält die Wärmeentwicklung in den 12 verbauten Halbleitermodulen auf niedrigem Niveau. Leitet der Dauerpower-Wechselrichter bei Bedarf besonders grosse Energiemengen zum Antriebsaggregat, sorgt ein raffiniertes Kühlsystem für viel Spielraum.
Zweiteiliges Kühlsystem
Damit die Leistungselektronik auch unter Volllast zuverlässig arbeiten kann, wurde ein Kühlsystem entwickelt, das im Wesentlichen auf zwei Teilen basiert: Zum einen wurde ein 3D-gedrucktes Kupferkühlelement entwickelt. Das Element ist optimal an die thermischen Anforderungen der Bauteile angepasst und sorgt für eine gleichmässige Wärmeabfuhr. Durch den Einsatz von Silbersinterverbindungen werden die temperaturkritischen Komponenten direkt an das Kühlsystem angeschlossen, wodurch eine bestmögliche thermische Integration erreicht wird.
Weitergeleitet wird die Wärme an eine Wasserkühlung, die zweite Komponente des Kühlsystems. Sie wird im Aluminium-3D-Druck-Verfahren hergestellt und führt das Kühlwasser durch eine parallele Kühlstruktur, die den Druck im System optimal verteilt. Der Druckabfall ist mit nur 150 mbar bei 10 l Kühlmittel pro Minute extrem gering – ein Beweis für die hohe Effizienz der Kühltechnik. Selbst nach 15 Minuten Dauerlastbetrieb beträgt die Temperaturdifferenz zwischen Gehäuse und Kühlmedium weniger als 20 K. Am gekühlten Phasenausgang konnte eine maximale Temperaturerhöhung von nur 41 K gemessen werden. Dadurch bleibt der Wechselrichter auch bei hoher Beanspruchung im Bereich optimaler Betriebstemperaturen.
Höchste Leistungsdichte
Orchestriert wird ihr Zusammenspiel durch eine Software, die ebenfalls vom Fraunhofer IZM für das Projekt entwickelt wurde. Nicht zuletzt ermöglicht das smarte Design des Moduls ein Kraftpaket, das neue Massstäbe in Sachen Leistungsdichte setzt: Mit 200 kVA pro Liter leistet der Wechselrichter das Zwei- bis Vierfache dessen, was in gängigen Elektroautos üblich ist. Das heutige Spitzensegment übertrifft er um ein Drittel. Hochleistungs-Elektrofahrzeuge können künftig also von deutlich kleineren Umrichtern mit mehr Leistung ausgestattet werden. Zudem bietet der Wechselrichter eine hohe Modularität: Einzelne Komponenten können leichter ausgetauscht oder gewartet werden.
Die Kombination aus modernster Halbleitertechnik, optimierter Kühlung und hoher Leistungsfähigkeit macht den Wechselrichter zu einem Schlüsselbaustein für die nächste Generation elektrischer Antriebe. Das Projekt trägt massgeblich zur Weiterentwicklung der Elektromobilität bei und legt die Messlatte in Sachen Leistung, Effizienz und Nachhaltigkeit ein deutliches Stück höher.
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