Fachartikel Eigenverbrauch , Erneuerbare Energien

Microgrids als Geschäftsfeld

Neue Einnahmequelle für Verteilnetzbetreiber

26.09.2017

Die europäischen Energiepreise sind tief; der Kostendruck nimmt zu und erneuerbare Energiequellen gefährden zunehmend die Netzstabilität. In diesem Umfeld ist es für EVUs schwierig, Gewinn zu erzielen. Eine Chance bieten Microgrids.

Die Energiestrategie 2050 fördert heimische erneuerbare Energien. Das wirkt sich auf die Netzstabilität aus. Aufgrund der schwankenden Produktionsmenge wird es schwieriger, jederzeit der Nachfrage zu entsprechen. Denn der Anteil an Strom aus fluktuierenden Quellen wird erheblich steigen. Dies betrifft vor allem die Verteilnetzbetreiber, da immer mehr PV-Anlagen entstehen und neue «Prosumer» ans Netz gehen. Um diese Herausforderung zu meistern, gibt es zwei Wege.

Klassische versus innovative Lösung

Der klassische Weg: Verteilnetzbetreiber können ihre Netze verstärken. Dabei erhöhen sie die Übertragungskapazitäten der Leitungen und Transformatoren. Der innovative Weg: Sie digitalisieren ihr Netz, damit es «intelligent» und flexibler wird. So überwachen, steuern und optimieren sie es gezielt. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile – und eine Gemeinsamkeit: EVUs können solche Investitionen künftig nur noch bedingt über die Netzentgelte refinanzieren. Deshalb sind neue Geschäftsmodelle gefragt.

Microgrid as a Service

Ein Microgrid bietet EVUs die Chance, Geld zu verdienen: wenn sie es im Contracting anbieten. In diesem Fall profitieren sowohl das EVU als auch der Kunde, der das Microgrid als Service bezieht. Ein Beispiel aus Deutschland zeigt, wie beispielsweise ein Industrieunternehmen von einem Microgrid profitiert: Ein chemischer Industriebetrieb benötigt zwischen 7,5 und 8  MW elektrische Energie und Prozesswärme. Bisher erzeugte der Betrieb mit einer Dampfturbine 5  MW Strom sowie die Prozesswärme. Den Rest bezog er von seinem EVU. Dank einer Microgrid-Lösung mit eigener PV-Anlage und Batteriespeicher versorgt sich der Industriebetrieb heute zu 100 % selbst. Die Investitionskosten von rund 30  Mio. Euro werden nach gut fünf Jahren amortisiert sein. Das Microgrid ermöglicht dem Unternehmen, dank Peak Shaving und Peak Shifting, Energiekosten zu sparen. Ausserdem kann es aufgrund des Batteriespeichers am Regelenergiemarkt teilnehmen und damit Geld verdienen.

Viele Vorteile für EVUs

Nicht alle Industrieunternehmen sind bereit, so viel Geld in die eigene Energieerzeugung zu investieren. Deshalb kann ein EVU ein Microgrid im Contracting anbieten. Davon profitiert es mehrfach, denn es ist ein neuer Service und somit eine neue Einnahmequelle. Ausserdem digitalisiert das EVU einen Teil seines Netzes und steigert so seine Netzstabilität. Das EVU sammelt im Microgrid eine Vielzahl an Daten: Transformatortemperaturen, Lastgänge, Energieflüsse, Schaltzustände etc. Diese Informationen ermöglichen, die Anlagen vorausschauend instand zu halten und folglich Unterhaltskosten zu senken. Der jährliche Kontrollgang entfällt sogar komplett. Und schliesslich tastet sich das EVU kontrolliert ans Smart Grid und seine Funktionsweise heran.

Energiestrategie 2050 als Chance

Die Energiestrategie 2050 verändert das Marktumfeld für EVUs und wirkt sich zunehmend auf die Netzstabilität aus. Daraus ergeben sich Chancen für EVUs, speziell für Verteilnetzbetreiber. Microgrids im Contracting bieten ihnen die Möglichkeit, die Stabilität im eigenen Netz zu verbessern und gleichzeitig eine neue Einnahmequelle zu erschliessen. Die Chancen, dass daraus ein Markt entsteht, stehen nicht schlecht. Ebenso wie heute ein Elektroauto zum Statussymbol geworden ist, könnte dies morgen die eigene erneuerbare Energieversorgung sein – für Privatpersonen wie für Unternehmen.

Auteur
Simon Ryser

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