Fachartikel Energieeffizienz , Gebäudeautomation , Internet of Things

Strom sparen durch Vernetzung

Bedarfsgerechtes Heizen im Wintersportgebiet

21.02.2018

Der Betrieb der Infrastruktur von Skigebieten ist bekanntlich energie­intensiv. Zuneh­mend macht man sich deshalb Gedanken, wie sich der alpine Strom­verbrauch senken lässt. Dabei kommen auch vernetzte Systeme zur Anwendung, die nicht nur Energie sparen, sondern auch die Überwachung und die Fernsteuerung ermöglichen.

Künstlich beschneite Skigebiete sind mit Schnee­erzeugern – Propeller­kanonen, Schnee­lanzen usw. – ausgerüstet. Diese Erzeuger werden durch erdverlegte Leitungen mit Wasser versorgt, teilweise auch mit Druckluft und Strom. Bei neueren Anlagen werden diese Leitungen meist frostsicher verlegt, und eine Beheizung der Schächte ist nicht immer erforderlich. Ältere Schächte sind in der Regel mit einfachen Widerstands­heizungen von ca. 120 W ausgerüstet, die bei den Vorbereitungs­arbeiten auf die kommende Wintersaison eingeschaltet und nach Saisonende jeweils wieder ausgeschaltet werden. Während der Skisaison sind die Schächte normaler­weise mit Schnee überdeckt und sind daher nicht oder nur schwer zugänglich. Durch die Überdeckung der Schächte mit Schnee und der vorhandenen Erdwärme wäre ein Beheizen der Schächte eigentlich nicht mehr nötig. Aber wenn die Heizungen mit einem einfachen Raum­thermo­staten ausgerüstet wären, würde man einen Ausfall einer Heizung nicht bemerken, was zu grossen Frostschäden an den Anlagen führen könnte.

Die technische Beschneiung, das «Einschneien», erfolgt in der Regel in der Vorsaison. Nach dem Einsetzen des natürlichen Schnees werden viele Anlagen nicht mehr benötigt und die Wasserleitungen werden entleert, wenn dies technisch möglich ist. Einige Anlagen­betreiber sind in der Lage, ganze Beschneiungs­linien ausser Betrieb zu nehmen und sie stromlos zu schalten. Während der Saison kann aber ein Nachschneien erforderlich werden, was mit einer aufwendigen Wieder­inbetrieb­nahme der Anlagen verbunden ist.

Energieanalyse

Im Jahr 2015 wurden in einem grossen Bündner Wintersport­gebiet Energie­analysen durchgeführt, um das Einspar­potenzial ermitteln zu können. Nachdem die grossen Verbraucher, die Bahnantriebe, bereits optimiert und durch effiziente Motoren ersetzt waren, wurden die kleineren Energieverbraucher untersucht. Dabei gerieten die Schacht­heizungen bei den Beschneiungs­schächten in den Fokus der Betrachtungen. 250 Schacht­heizungen mit einer Leistung von je 120 W waren installiert, die jeweils Ende Oktober eingeschaltet und am Ende der Saison wieder ausgeschaltet wurden. Dies sah zunächst nach wenig aus, aber bei genauerer Betrachtung steckte darin ein grosses Optimierungspotenzial. Zudem sind diese Anlagen mit einem beträchtlichen Betriebs- und Wartungsaufwand verbunden. Der Anforderungskatalog des Bahnbetreibers lautete:

  • Energieeinsparungen mit Daten­aufzeichnung und Energie­verbrauchs­analyse.
  • Fernsteuerung der Heizungen, um Kontrollgänge zu vermeiden.
  • Ausfallüberwachung mit Alarmierung bei Frostgefahr.
  • Kostengünstiges, einfaches und robustes System.
  • Keine oder geringe wiederkehrende Kosten.

Dies führte zum Projekt «Snora», einem vernetzten System für die Steuerung von Elektroheizungen. Der Begriff Snora setzt sich zusammen aus: «Snow» und dem «Lora»-Netzwerk (Long Range Wide Area Network), einem Low-Power-Wireless-Netzwerkprotokoll, das für Kommunikation im Internet der Dinge entwickelt wurde.

Im Herbst 2014 wurden erste Prototypen der vernetzten Heizungs­steuerung in Betrieb genommen. Das ­Erfüllen der wichtigsten Anforderungen – kostengünstig, mit robustem Gehäuse und zuverlässigen Komponenten – war zwar problemlos möglich, hingegen stellten die Umgebungs­bedingungen grössere Herausforderungen dar. Die Kommunikation musste auch im strengen Winter bei sehr tiefen Temperaturen und einer Schneeüberdeckung der Schächte zuverlässig funktionieren. Eine spezielle Herausforderung waren die anderen Teilnehmer, die das gleiche Frequenzband von 868 MHz nutzen (Webcams, Wetterstationen, Beschneiungs­kommu­nikation usw.). Die Kommuni­kations­software wurde deshalb in mehreren Etappen überarbeitet und so weit optimiert, bis das Funknetz­werk schliesslich störungsfrei arbeitete. Gleichzeitig wurde eine Leitsystemsoftware entwickelt, die es dem Betriebs­personal erlaubt, jeden Schacht selbstständig zu erfassen, die Geräte zu bedienen und den Energie­verbrauch genau zu dokumentieren.

Alle diese speziellen Anforde­rungen konnten mit den Snora-Node-Geräten erfüllt werden. Der Anlagebetreiber hat den Überblick über jede Schacht­heizung, ist über den Betriebszustand und die aktuelle Schacht­temperatur informiert und kann die Heizungen ferngesteuert ein- und ausschalten. Die Leitsystem­software visualisiert und speichert die Daten und berechnet den Energieverbrauch.

Energie und Kosten

Durch die kontinuierliche Aufzeichnung und Berechnung des Energie­verbrauchs ist es möglich, eine genaue Aussage über die Effizienz der Steuerungen zu machen. Diverse Beispiele zeigen, dass verglichen mit einer Schachtheizung, die über den ganzen Zeitraum vom Herbst bis zum Frühling eingeschaltet ist, die Betriebszeit der Heizungen der mit Snora gesteuerten Schächte bei 20% bis 30% liegt.

Dies ergibt eine durchschnittliche Energie­einsparung von 362 kWh pro Schacht, bzw. 91 MWh bei der Anlage mit 250 Schächten. Bei einem Energiepreis von 24 Rp/kWh ergibt sich eine Kosteneinsparung von 21 840 Fr.

Da die Investitionskosten für diese Anlage bei rund 60 000 Fr. (exkl. Installationskosten) liegen, ist die Anlage in 3 bis 4 Jahren amortisiert. Durch den Einsatz des Lora-Netzwerks für die Datenkommunikation im freien 868-MHz-Band entstehen dem Betreiber keine wiederkehrenden Kosten für Konzessionen oder Abonnemente.

Funktechnologie

Um eine zuverlässige und stabile Funk­verbindung zu ermöglichen, wurde die Mesh-Technologie in allen Geräten eingesetzt. Jedes Gerät dient als Repeater. Auf diese Weise werden die Nachrichten von Schacht zu Schacht weitergeleitet und Distanzen von über 15 km werden überbrückt. Das Mesh-Netzwerk prüft täglich die optimale Route zur Basisstation. Bei Nebel oder Schneefall erhöht sich die Anzahl der Weiterleitungen bis über 10. Die Sprünge werden im Leitsystem visualisiert. So können zusätzliche Repeater aktiviert oder Ausfälle im Netzwerk festgestellt und effizient behoben werden.

Im freien 868-MHz-Band ist die Sendezeit pro Anwendung begrenzt. Daher werden die Geräte und das Netzwerk nur alle 10 Minuten ausgelesen. Um die Daten­sicherheit zu gewährleisten und um die Geräte gegen Fremdeingriffe zu schützen, sendet das proprietäre Protokoll täglich einen öffentlichen Schlüssel.

Bediensoftware

Zum Konzept gehört eine einfache, benutzergerechte Bedien- und Auswerte­software. Die Basis bildet ein Kleinserver mit Linux-Betriebssystem. Die wichtigste Funktion des Leitsystems ist die Bedienung der Geräte, das Ein- und Ausschalten sowie das Setzen von Sollwerten und Nacht­absen­kungen (bei Einsatz in Stationsheizungen). Die Daten jeder Schachtheizung werden über einen langen Zeitraum detailliert aufgezeichnet: Schacht­temperatur, Betriebszustand, Energieverbrauch und statistische Darstellung gegenüber einer permanent eingeschalteten Heizung. In der Kartenansicht werden die Geräte geografisch dargestellt, damit sie schnell zugeordnet werden können und die Zustände auf einen Blick ersichtlich sind. Ein Lastabwurf der Anlagen zur Reduzierung von Leistungsspitzen ist ebenfalls bereits realisiert.

Die Bediensoftware wird laufend erweitert und den Kunden­bedürfnissen angepasst. Zukünftig soll das Snora-Leitsystem die Geräte noch effizienter machen und zusätzliche, aus der Gebäudeautomatisation bekannte Funktionen, wie die Berücksichtigung von Wetterentwicklungen, ermöglichen.

Weitere Anwendungen

Die Stationsgebäude und Lifthäuschen der Transportanlagen sind normaler­weise elektrisch beheizt, meist mit Elektro­heizkörpern von 2 bis 6 kW, oft mit eingebautem Thermostat. Mit dem Einbau eines Snora-Node an einem geeigneten Ort des Stationsgebäudes erreicht man ein optimales Raumklima. Durch die in der Bediensoftware definierbare Nachtabsenkung sind Energieeinsparungen von 20% bis 40% möglich. Dabei wird die Raum­temperatur von 19 °C tagsüber auf 8 °C während der Nacht abgesenkt. Durch die oft kleinen Raum­volumen genügt ein Einschalten der Heizung eine halbe Stunde vor Arbeitsbeginn.

Snora findet aber auch Anwendung bei mobilen Heizlüftern für Werkstatt­heizungen, Garagenheizungen oder sogar Schirmbar-Heizungen, bei denen das Einspar­potenzial besonders gross ist, weil die Heizungen Leistungen von 8 kW und mehr aufweisen.

Ortsfeste Heizungsanlagen werden ebenfalls mit Snora gesteuert. So sind schon mehrere Anlagen für die Beheizung von Toiletten und Speicherheizungen für Gastrobetriebe, aber auch Dach­rinnen­heizungen in Betrieb.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten findet Snora als Schaltaktor für Pisten­beleuch­tungen und Beleuch­tungen für Schlittelbahnen, die oft von Hand und vor Ort in Betrieb gesetzt und wieder ausgeschaltet werden müssen. Snora erlaubt mit einem Mausklick das Ein-/Ausschalten ganzer als Linien zusammen­gefasster Anlagen. Betreiber sparen Arbeitsstunden und profitieren von einem grossen Bedienkomfort.

Snora ist mit einem frei belegbaren Eingang ausgerüstet. Damit ist es möglich, Zustands- oder Störmeldungen beliebiger Art zu übermitteln. Die Art der Ausgabe ist frei definierbar und kann als E-Mail oder SMS erfolgen.

Autor
Werner Feurer

ist Projektleiter Energieeffizienz.

  • Energieingenieur.ch GmbH, 7074 Malix

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