Fachartikel Energieeffizienz , Infrastruktur

Leerlauf vermeiden

Reduktion von Energie und Kosten bei Transformatoren

29.05.2018

Schweizer Unterstationen sind häufig mit mehreren parallelen Trans­formatoren ausgerüstet. Energie kann gespart werden, wenn bei Schwachlast Trans­formatoren weggeschaltet werden und somit die zugehörigen Leerlauf­verluste wegfallen. Aber wie geschieht dies am kostengünstigsten?

Im Verteilnetz der Arbon Energie AG sind insgesamt 71 Transfor­mator­stationen in Betrieb. Davon sind 38 mit mehreren Trans­forma­toren ausgerüstet. Typisch sind zwei parallele 630 kVA Trans­for­matoren. Eine Studie der FHNW untersuchte nun das Energie- und Kosten­einspar­potenzial bei mehreren Trans­for­matoren in einem Unterwerk.

Trafoverluste verstehen

Zur Modellierung der Transformator­verluste wird die Ersatz­schaltung gemäss Bild 1 verwendet. Die Kupfer- und Streuverluste, zusammen­gefasst als Kurzschluss­verluste, werden durch die Längselemente abgebildet. Die Verluste dieser Elemente nehmen quadratisch mit der Belastung des Transformators zu. Die Eisen- und Magnetisie­rungs­verluste, auch Leerlaufverluste, werden durch die Quer­elemente abgebildet. Diese sind abhängig von der anliegenden Spannung und sind im Normal­betrieb konstant.

Werden zwei Transformatoren parallel betrieben, so teilt sich der Strom proportional zur Nennleistung und umgekehrt proportional zur Kurzschlussimpedanz auf. Bei mehreren Transformatoren mit denselben Nenngrössen teilt sich der Strom gleichmässig auf. Für eine Station mit zwei gleichen, parallel betriebenen Transformatoren beispielsweise resultieren die halben Kupfer- und Streuverluste und die doppelten Eisen- und Magnetisierungsverluste gegenüber dem Betrieb mit einem einzelnen Transformator.

So ergibt sich für jeden Betriebspunkt eine optimale Konfiguration einer Station. Bei schwacher Belastung ist es von Vorteil, nur wenige Transformatoren gleichzeitig in Betrieb zu haben. Bei hoher Belastung sind die Gesamtverluste minimal, wenn mehrere Transformatoren in Betrieb sind. Der Schnittpunkt der beiden Verlustkurven wird als Umschaltpunkt bezeichnet.

Potenzial und Randbedingungen

Lastprofile der Arbon Energie AG zeigen eine tiefe Belastung der Transformatorstationen – siehe Bild 3 als Referenz. Typisch sind mittlere Belastungen in einem Bereich von 10 – 20%. Die maximalen Belastungen liegen unter 50%. Würde man diese Stationen optimal betreiben, könnte man durchschnittlich 2,2 MWh pro Station und Jahr einsparen. Bei insgesamt 38 Transformatorstationen entspricht dies dem Stromverbrauch von etwa 16 Einfamilien-Haushalten.

Schaltanlagen altern im normalen Betrieb nur gering. Deshalb sind beispielsweise noch ältere Stationen mit Trennmessern auf der Niederspannungsseite in Betrieb. Solche Stationen können nicht motorisiert werden. Insgesamt betrifft das 18 der 38 Transformatorstationen. Dadurch wird das Potenzial eines automatisierten Betriebs um etwa die Hälfte reduziert. Bei häufigen Umschaltungen, wie sie bei einem automatisierten Betrieb vorkommen können, altern die Anlagen schneller, was die eingesetzten Betriebsmittel an ihre Grenzen stossen lässt. So sind die mittelspannungsseitigen Lasttrennschalter nur für 1000 Schaltspiele ausgelegt. Bei einer geplanten Lebensdauer der Anlage von 40 Jahren entspricht dies 25 Schaltspielen jährlich. Die Leistungsschalter auf der Niederspannungsseite sind für bis zu 20 000 Schaltspiele ausgelegt – dies würde tägliche Umschaltungen erlauben.

Bei den ölgekühlten Transformatoren hängen Alter und verbleibende Lebensdauer von der Qualität und Zusammensetzung des Öls ab. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Öl bei Überlast des Transformators schneller altert und die verbleibende Lebensdauer so reduziert. Bei Überstrom, beispielsweise während eines Einschaltvorgangs, wird der Transformator durch die entstehenden Kräfte strapaziert. Dadurch hat ein häufiges Zu- und Abschalten einen negativen Einfluss auf die Lebensdauer. Ob Spannung am Transformator anliegt, hat keinen merklichen Einfluss auf die Lebensdauer. Es treten auch keine Standschäden im spannungslosen Zustand auf, sofern die Umgebungsbedingungen den Anforderungen entsprechen.

Für einen automatisierten Betrieb müssen die Transformatoren motorisch sowohl auf ihrer Ober- als auch auf der Unterspannungsseite geschaltet werden können. Die verwendeten Schaltelemente sind heute gewöhnlich nicht motorisiert. Die Kosten für eine Nachrüstung mit Motoren, inklusive Material und Arbeitsaufwand, betragen etwa CHF 4500.– pro Transformator. Bei Neuanlagen muss mit Zusatzkosten in der gleichen Grössenordnung gerechnet werden.

Bei einer Station mit zwei Trafos fallen somit für die Motorisierung CHF 9000.– an. Mit einer Restlaufzeit von 30 Jahren zu einem Zinssatz von 2,5% sind CHF 430.– jährliche Einsparungen notwendig, um die Investitionen finanziell zu rechtfertigen.

Unterschiede in der Verfügbarkeit von Stationen mit parallel gegenüber einzeln betriebenen Transformatoren können vernachlässigt werden, da im Fehlerfall bei beiden Konfigurationen manuelle Schaltaktionen durchgeführt werden müssen.

Wenn ein Transformator einer Station weggeschaltet wird, so wird die Kurzschlussleistung und somit der potenzielle Kurzschlussstrom niederspannungsseitig reduziert. Grundsätzlich ist es möglich, dass Leitungsschutzschalter bei zu geringen Kurzschlussströmen im Fehlerfall nicht mehr auslösen, da der auftretende Kurzschlussstrom unter die Ansprechschwelle des Leistungsschalters fallen kann. Im Fall des Verteilnetzes von Arbon können diese Überlegungen vernachlässigt werden, da Arbon städtisch ist und kaum hochohmige Leitungen zu abgelegenen Verbrauchern vorhanden sind.

Lösungsvarianten

Insgesamt sind 5 Betriebsarten bei parallelen Transformatoren denkbar:

Szenario 1 – Dauernder Parallelbetrieb (heutige Situation)

Szenario 2 – Dauernder Einzelbetrieb

Szenario 3 – Saisonaler Einzelbetrieb (Handbetrieb)

Szenario 4 – Optimierter Betrieb ohne Hysterese (Automatikbetrieb, Referenzszenario)

Szenario 5 – Optimierter Betrieb mit Hysterese (Automatikbetrieb)

Ein optimierter Betrieb mit automatischer Schaltung exakt im Umschaltpunkt ohne Hysterese (Szenario 4) würde die grösste Energieeinsparung bringen. Dieser Fall wird jedoch grundsätzlich ausgeschlossen, da Schalter eine begrenzte Anzahl an Schaltspielen aufweisen. Deshalb wurden alternative Szenarien erarbeitet und bezüglich ihrer Wirtschaftlichkeit geprüft.

Szenario 2: Die Analyse mit Jahres-Lastgangdaten zeigt, dass die Trafostationen der Arbon Energie AG zu keinem Zeitpunkt mit über 50% der Nennbelastung betrieben werden. Daher ist es naheliegend, jeweils die Hälfte der Transformatoren jeder Station manuell und dauernd abzuschalten. Vorteil: Die Leerlaufverluste der abgeschalteten Transformatoren fallen weg. Nachteil: In Zeiten höherer Belastung entstehen mehr Betriebsverluste. Es kann gezeigt werden, dass dieses Szenario bei einem Lastprofil unterhalb des theoretischen Umschaltpunktes vorteilhaft ist, oberhalb hingegen nachteilig. Typischerweise liegt der Umschaltpunkt zwischen 10% und 20% der Nennbelastung. Wird dieses Szenario gezielt bei den Stationen mit tiefer Auslastung angewandt, so lassen sich pro solcher Transformatorstation rund CHF 300.– jährlich einsparen.

Szenario 3: Ebenfalls geringe Investitionskosten bringt eine saisonale, manuelle Umschaltung. Typischerweise steigt der Stromverbrauch im Winterhalbjahr. Liegt nun die mittlere Belastung während der Sommermonate unter und während der Wintermonate über dem Umschaltpunkt, so kann von einer saisonalen Umschaltung profitiert werden. Die Transformatorstation wird dazu während der Wintermonate mit parallelen Transformatoren betrieben. Im Frühling werden einzelne Transformatoren weggeschaltet und im Herbst wird wieder zurück auf den Parallelbetrieb gewechselt. Mit dieser Methode resultiert lediglich ein Schaltspiel jährlich, was keinen nennenswerten Einfluss auf die Lebensdauer der Schaltelemente und der Transformatoren hat. Auch eine Motorisierung der Schaltelemente ist nicht erforderlich. Bei manuellen Schalthandlungen muss aber mit Personalkosten gerechnet werden. Die mittleren Einsparungen dieser Variante von rund CHF 200.– jährlich decken in der Regel den Aufwand für die manuellen Schalthandlungen nicht.

Szenario 5: Bei einem Umschaltpunkt von 15% und mit Hysterese von ± 5% würde ein Transformator bei einer aktuellen Belastung von unter 10% weggeschaltet und erst bei 20% wieder zugeschaltet werden. Damit lässt sich die Anzahl der Umschaltungen begrenzen. Bei korrekt gewählter Hysterese kann die Limitierung von maximal 1000 Schalthandlungen über 40 Jahre eingehalten werden. Wie hoch die Hysterese gewählt werden sollte, ist einerseits abhängig vom Lastprofil, andererseits auch vom Umschaltpunkt der Station. So muss bei der Arbon Energie AG im Mittel eine Hysterese von etwa ± 10% gewählt werden, damit die Einschränkungen eingehalten werden. Eine Hysterese reduziert die erzielbaren Einsparungen. Bei ± 10% beispielsweise wird das Potenzial bereits um einen Viertel reduziert, sodass rund CHF 150.– pro Transformatorstation jährlich bleiben. Berücksichtigt man den Investitionsbedarf, so zeigt sich, dass sich diese Variante nur in Einzelfällen lohnt.

Empfehlungen

Ein automatisch optimierter Betrieb mit Hysterese lohnt sich bei bestehenden Anlagen nur in Einzelfällen. Es wird nicht empfohlen, Schaltelemente zu motorisieren, um einen automatisch optimierten Betrieb bei bestehenden Anlagen zu implementieren.

Schwach belastete Stationen bieten grosses Einsparpotenzial. Liegt die mittlere Belastung einer Station unter dem jeweiligen Umschaltpunkt, so sollte ein Transformator permanent abgeschaltet werden. Insgesamt lassen sich bei der Arbon Energie AG so Einsparungen von zirka 56 MWh jährlich erzielen. Dies entspricht etwa dem Stromverbrauch von elf Einfamilienhaushalten.

Bei der Planung von Neuanlagen sollte das voraussichtliche Lastprofil abgeschätzt und bei der Auswahl der Komponenten berücksichtigt werden. Auch Transformatoren mit Verlusten gemäss Stufe 2 der Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG sollten in Betracht gezogen werden. Der Einsatz von motorisierten Trennelementen empfiehlt sich nicht.

Zusatzgedanken

Die «Energieperspektiven 2050» des Bundes prognostizieren für die Schweiz einen etwa gleichbleibenden Stromverbrauch für 2050. Dies bestärkt die Aussage dieser Arbeit, dass einzelne Transformatoren bei schwach belasteten Stationen abgeschaltet werden sollten. Die Automatisierung des Trafobetriebs wird wieder ein Thema, falls die Strompreise markant steigen.

Parallele Transformatoren bieten Reserven für Gebiete mit zukünftig stark fluktuierendem Strombedarf, beispielsweise bei hohem Leistungsbezug durch EV-Ladestationen oder bei dezentraler Erzeugung aus PV oder WKK im Rückspeisefall.

Diese Studie wurde im Rahmen des Swiss Centre for Compe­tence in Energy Research on the Future Swiss Electrical Infra­structure (SCCER-FURIES) durchgeführt – mit finanzieller Unter­stützung der Schweize­rischen Agentur für Innovations­förderung (Innosuisse-SCCER-Programm). Industrie­partner in diesem Demonstrator­projekt sind Arbon Energie AG und Siemens AG.

Autor
Samuel Zehnder

hat diese Thematik im Rahmen seiner Masterthesis an der FHNW für die Arbon Energie AG analysiert.

Autor
Denys Buff

Stabsstelle Technik/Dienste.

  • Arbon Energie AG, 9320 Arbon

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