Verband Regulierung , VSE

Kommentar zum Energierecht

Rezension

02.02.2017

Seit dem letzten Jahr verfügt die Branche erstmalig über einen juristischen Kommentar im Energierecht, «in welchem aktuelle Kommentierungen aller wichtigen energierechtlichen Erlasse vereint sind». So ist es zumindest dem Vorwort des Werkes von Brigitta Kratz, Michael Merker, Renato Tami, Stefan Rechsteiner und Kathrin Föhse zu entnehmen.

Alle wichtigen energierechtlichen Erlasse? Nein, nicht ganz alle. Oder zumindest noch nicht ganz alle. Denn der zentrale Erlass des Energierechts, das Energiegesetz, wurde bisher noch nicht kommentiert. Dies vermag jedoch nur auf den ersten Blick zu erstaunen, denn es handelt sich nicht um ein Versäumnis der Herausgeber, sondern um ein vorausschauendes Abwarten. Mit dem am 30. September 2016 durch das Parlament angenommenen ersten Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050 wird das Energiegesetz mit momentan 30 Artikeln auf einen Umfang von 77 Artikeln ausgebaut. Ein Kommentar zum heutigen Energiegesetz müsste – vorbehältlich der Annahme des ersten Massnahmenpakets der Energiestrategie 2050 in der Volksabstimmung – vollständig überarbeitet werden, bevor die Druckerschwärze getrocknet wäre. Gemäss Aussage des Verlags Editions Weblaw laufen jedoch die Vorbereitungen für einen Erweiterungsband (zum Energiegesetz) auf Hochtouren. Die Publikation ist für das Jahr 2018 vorgesehen.

Mehrwert für die Branche

Der VSE hat dieses Projekt von Anfang an gefördert, weil man vom Mehrwert eines solchen Hilfsmittels für die gesamte Branche überzeugt ist, auch wenn der Umfang des Kommentars bereits zum jetzigen Zeitpunkt, das heisst ohne die Kommentierung des Energiegesetzes, rund 4000 Seiten beträgt und wohl so manchen Nichtjuristen vor dem Kauf und noch mehr vor der Lektüre abschrecken könnte.

Klare, einfache Sprache

Diese Angst stellt sich bei einem ersten Überfliegen des Werks aber als unbegründet heraus, denn es war das Ziel der fünf Herausgeber und ihrer 65 fachkundigen Autorinnen und Autoren, einen Praxiskommentar vorzulegen, welcher «einen raschen Einstieg und Zugriff auf die relevanten Materialien, Literatur und Entscheide erleichtern soll». Tatsächlich wird im Kommentar mehrheitlich auf eine umständliche juristische Sprache verzichtet und stattdessen mit einfachen Worten und zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung gearbeitet, wobei die jeweils wichtigsten Entscheide übersichtlich am Ende der kommentierten Bestimmung aufgelistet sind.

Band I des Kommentars zum Energierecht beinhaltet die Kommentierung zum Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz, WRG), zum Bundesgesetz betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen (Elektrizitätsgesetz, EleG), zum Bundesgesetz über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz, StromVG) sowie zum Bundesgesetz über Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn- oder Treibstoffe (Rohrleitungsgesetz, RLG). Band II umfasst das Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz), das Kernenergiegesetz (KEG) und das Bundesgesetz über das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSIG).

Grundlegend nützlich

Die Branche ist aktuell rasant im Umbruch, so dass sich mittelfristig die Frage nach der Aktualität stellen wird. Alleine der Blick auf das letzte Jahr beweist, wie schnell die Änderungen erfolgen. So wurde die Branche mit dem bestens bekannten Bundesgerichtsentscheid zu den Energiekosten in der Grundversorgung empfindlich getroffen, es gab Veränderungen bei den Rückspeisevergütungen, zahlreiche Weisungen der ElCom, neue Branchendokumente usw. Dazu wird zurzeit in den eidgenössischen Räten über die Strategie Stromnetze debattiert. Letztlich wird auch die Energiestrategie 2050 Veränderungen im StromVG, RLG, KEG und EleG bringen. Der Kommentar steht folglich unter grossem Anpassungsdruck; ein Schicksal, das die meisten juristischen Werke teilen, und doch bleibt stets eine grundlegende Nützlichkeit von solchen Standardwerken erhalten.

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt jedoch bestehen, denn leider sind die Verordnungen nicht separat kommentiert. Dies wäre aber umfangmässig wohl kaum zu bewältigen gewesen. Immerhin wurden in den Kommentierungen zu den entsprechenden Gesetzesartikeln auch die Verordnungsbestimmungen erfasst und so in das Werk eingebunden.

Insgesamt ist den Herausgebern und Autoren (zu denen auch die ehemalige Leiterin Recht des VSE zählt) ein sehr nützliches und qualitativ hochstehendes Werk gelungen, dessen Anschaffung in den EVU nur empfohlen werden kann. Der Kommentar ist nur in deutscher Sprache verfügbar, jedoch wurden einzelne Artikel zudem auch in Französisch kommentiert (insgesamt wurden sieben Artikel in französischer Sprache kommentiert: Art. 16-20 RLG, Art. 8 (Exkurs) und Art. 34 (StromVG)).

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Autor
Francis Beyeler

war bis 31. August 2018 als Leiter Recht beim VSE tätig.

  • VSE, 5000 Aarau

Kommentare

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