Verband Fachkräfte , Märkte und Regulierung , VSE

Die ersten Erfahrungen sind durchaus positiv

Rückblick auf das Qualifikationsverfahren

08.11.2017

Rückblick auf das Qualifikationsverfahren 2017: Bewährt sich die neue Grundbildung in der Praxis?

Die Branche hatte beschlossen, 2017 erstmals gesamtschweizerisch die gleichen Prüfungsarbeiten einzusetzen. Diese neuen Prüfungen sind in überregionalen Teams erarbeitet worden. Dieses Vorgehen hat sich bewährt, daher werden auch die Prüfungsarbeiten für das Qualifikationsverfahren 2018 unter Einbezug aller Chefexperten in einem demokratischen Prozess erarbeitet.

Die Rückmeldungen der Chefexperten zum Qualifikationsverfahren 2017 fielen positiv aus. Die neu geschaffene nationale Koordination wird als gut gelungen eingeschätzt. Sie war erforderlich geworden, weil die Kandidaten mit den Schwerpunkten Telekommunikation und Fahrleitungen ihre spezifischen Prüfungen zentral im Raum Bern absolvieren. Neu finden auch alle Schulprüfungen am gleichen Tag statt.

Praktische Arbeit

Die Erfahrungen mit den neuen Prüfungsarbeiten fielen mehrheitlich positiv aus. Dies durfte so erwartet werden, da sie auf Situationen aus bestehenden Lehrabschlussprüfungen basieren. Die neuen Bewertungssysteme sind übersichtlich und klar. Anpassungen wurden nur punktuell gewünscht. So haben die Prüfungsexperten festgestellt, dass die Zeitvorgaben bei einzelnen Prüfungsarbeiten zu knapp bemessen waren (zum Beispiel öffentliche Beleuchtung, Erdungsanlagen, Metallbearbeitung), während sie bei anderen Aufgaben (Mittelspannungskabelarbeiten) zu grosszügig gewesen seien. Bei den Mittelspannungskabelarbeiten wurden ausserdem Anpassungen bei der Aufgabenstellung und der Bewertung angeregt. Diese Rückmeldungen werden im Anpassungsprozess für die Prüfungsarbeiten zum Qualifikationsverfahren 2018 berücksichtigt.

Berufskenntnisse

Der Qualifikationsbereich Berufskenntnisse umfasst den in der Berufsfachschule unterrichteten Stoff. Die Fachlehrpersonen werden Gelegenheit erhalten, Feedback zu Unterricht und Stoffumfang zu geben. Die Trägerschaft Berufsbildung Netzelektriker/-in trägt die entsprechenden Kontakte zusammen und wird diese künftig pflegen und festigen.
Die Resultate der schriftlichen Prüfungen zeigen keine speziellen Auffälligkeiten. Im Teil Position 1 liegt der Schnitt tiefer als in Position 2. Die Resultate zu den einzelnen Fragen wurden erfasst, und der Anteil richtiger Antworten ist bekannt. Diese wertvollen Informationen erleichtern die Bereitstellung der Prüfungsserien für 2018.

In den mündlichen Befragungen wurden Fachgespräche geführt, die aus täglichen Arbeitssituationen stammen. Für das Qualifikationsverfahren 2017 lagen vier verschiedene Situationen vor. Die Prüfungsexperten bewerteten diese Fachgespräche als sehr praxisnah und reell, aber auch als anspruchsvoll. Für das Qualifikationsverfahren 2018 werden zusätzliche Arbeitssituationen vorbereitet.

Resultate gesamt

155 von 166 Kandidaten, die sich zum Qualifikationsverfahren angemeldet hatten, haben die Prüfung bestanden. Das ergibt eine Erfolgsquote von 93%. Gemeinsam mit den neuen Grundbildungen sind auch diverse Kontrollmechanismen eingeführt worden (Erfahrungsnoten, Lernberichte etc.), dank derer Mängel oder negative Entwicklungen früher erkannt und entsprechende Korrekturmassnahmen oder Konsequenzen eingeleitet werden können. Dies hatte zur Folge, dass jeder zehnte Ausbildungsvertrag aufgelöst wurde.

Der Wechsel von der Lehrabschlussprüfung zum Qualifikationsverfahren hatte keine generelle Verschlechterung zur Folge : Die Erfolgsquoten der Lehrabschlussprüfung im Zeitraum von 2011 bis 2016 bewegten sich zwischen 81% und 95%.

Schwerpunkte

Die Vorbereitung und Durchführung des Qualifikationsverfahrens in drei Schwerpunkten bedeutet für die Prüfungsorganisatoren einen grösseren Aufwand. Die Kandidaten der Schwerpunkte Telekommunikation und Fahrleitungen sind alle dem Prüfungskanton Bern zugewiesen. Die generellen Prüfungsteile legen sie zwar in ihrer eigenen Region ab, die spezifischen Teile absolvieren sie aber in der Region Bern. Zur Zusammenstellung der Resultate können die Chefexperten nun die Notentabellen, welche die Trägerschaft Berufsbildung Netzelektriker entwickelt hat, konsultieren. Diese Notentabellen erlauben ausserdem den nötigen Datenaustausch zwischen den Regionen.

Fünf-Jahres-Überprüfung der Grundbildung

Die Bildungsverordnung legt fest, dass die Kommission für Berufsentwicklung und Qualität Netzelektriker/-in (KO B&Q NE) periodisch die Berufsentwicklung auf Stufe Grundbildung überprüft. Dieser Prozess wird als Fünf-Jahres-Überprüfung bezeichnet.

Die Kommission legte diverse Ziele fest, welche im Rahmen dieser Überprüfung anvisiert werden. So sollen beispielsweise die Bildungsverordnung sowie der Bildungsplan revidiert werden. Die Erweiterung der Trägerschaft Berufsbildung Netzelektriker/-in um den Schweizer Netzinfrastrukturverband für Kommunikation, Energie, Transport und ICT soll ausserdem in der revidierten Bildungsverordnung und in der Kommission für Berufsentwicklung und Qualität Netzelektriker/-in abgebildet werden. Darüber hinaus müssen die Dokumentationen über überbetriebliche Kurse und Betriebe sowie der Rahmenlehrplan und das Qualifikationsverfahren angepasst werden.

Wo steht das Vorhaben?

Das Projekt soll Anfang 2018 starten. Die Vorbereitungen für den Projektstart sind eingeleitet. Das Projekt wird in fünf Phasen unterteilt. In der ersten Phase wird die Organisation gebildet. Ausserdem werden Projektleiter ausgewählt und der Projektantrag formuliert. In der anschliessenden Evaluation werden eine breit angelegte Befragung durchgeführt, die Resultate ausgewertet und der Reformumfang beschlossen. Mit dem Vorticketantrag signalisiert die Trägerschaft dem Bund, dass sie für die Reform bereit ist. Resultiert aus den Erkenntnissen von Phase 1 ein umfassenderer Anpassungsbedarf, könnte die Trägerschaft zu diesem Zeitpunkt die nachfolgenden Phasen noch um ein Jahr verschieben.

In Phase 2 erfolgt die eigentliche Revision der Bildungsverordnung und des Bildungsplans. Die fertigen Dokumente werden dem Bund zur Prüfung eingereicht (Ticketantrag). In Phase 3 und 4 erfolgen die Anhörung beim Bund, die Genehmigung sowie die Inkraftsetzung. Die fünfte und letzte Phase dient schliesslich der Implementierung. Hier werden die Unterlagen zu überbetrieblichen Kursen, zum Qualifikationsverfahren etc. den neuen Grundlagen angepasst. Ab 2022 sollen dann die ersten neuen Lehrverträge abgeschlossen werden können.

Wie viele Netzelektriker/-innen werden ausgebildet?

Die Anzahl der Abschlüsse von Netzelektriker/-innen hat sich in den letzten Jahren bei jährlich rund 150 eingependelt. 2017 hatten 124 Kandidaten den Schwerpunkt Energie, 25 Telekommunikation und 6 Fahrleitungen. Die Einführung von Schwerpunkten hat das Berufsfeld attraktiver gemacht. Allerdings besteht bei der Schaffung von neuen Ausbildungsplätzen noch viel Potenzial, das besser ausgenützt werden muss.

Aktualisierungen in der Dokumentation

In der Dokumentation für den überbetrieblichen Kurs GEN1 wurden ab Sommer 2017 die Lektionen zur Ersten Hilfe den neuen SRC-Richtlinien und Ilcor-Empfehlungen angepasst. Die Trägerschaft Berufsbildung Netzelektriker/-in führt im Thema Erste Hilfe die bewährte Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Samariterbund weiter und übernimmt auch für die kommenden Jahre die speziell für Netzelektriker/-innen EFZ ausgelegten Kursunterlagen.

Autor
Toni Biser

ist  Senior Experte Berufsbildung beim VSE.

  • VSE,  5000 Aarau

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